Von Carolin Scholz
Eine bayerische WZ-Autorin hat in Düsseldorf zuweilen Heimweh.
Düsseldorf. Als Bayerin im rheinischen Exil hat man es nicht immer leicht. Hat man schon seinen meist so sonnig weiß-blauen Himmel für das Düsseldorfer Uselwetter hinter sich gelassen, sieht man sich dann oft noch mit reichlich Klischees vom dirndltragenden Dorfmädchen ohne richtige Deutschkenntnisse, das ständig Bier aus überdimensionierten Gläsern trinkt, konfrontiert. Doch auch wenn Dirndl, Bier und Lederhose nicht alles sind, was die süddeutsche Heimat zu bieten hat, sehnt man sich doch hin und wieder nach einem bisschen „Dahoam“-Gefühl in der Rheinmetropole.
Sehnsucht Nummer eins: Die Breze (ohne l am Schluss, wohlgemerkt), Grundnahrungsmittel eines Bayern. Denn was sonst könnte so zart-salzig und unaufdringlich einen frühstückslosen Vormittag oder eine ausgefallene Mittagspause überbrücken? Brezen haben wir auch, könnte da der Düsseldorfer einwenden – habt ihr nicht, antwortet die verwöhnte Bayerin und erntet Zustimmung von der exil-bayerischen Bekanntschaft: „Naa, Brez’n kennan’s ned.“ (Nein, Brezen können sie nicht). Denn erwartet man, wie zu Hause, ein außen knusprig – innen weiches Gebäckstück, findet man hier doch meist nur etwas, das man in Bayern als ziemlich latschig, also zäh oder gummihaft, bezeichnen würde.
Dabei gibt man sich doch Mühe ein bisschen bayerische Esskultur in Düsseldorf zu etablieren. Im Restaurant einer Münchner Großbrauerei zum Beispiel steht alles unter bayerischem Motto: Speisekarte, Getränke und Einrichtung. Da gibt es „stilecht“ Würst’l und Schmankerl, alles natürlich direkt aus der bayrischen Landeshauptstadt. Doch von so viel pseudo-authentischer Urigkeit hält sich der eingefleischte Bayer meist lieber fern, denn: Das kann doch nicht gut sein, oder? Oder soll hier vielleicht eher der Düsseldorfer seinem Bedürfnis nach „echter, bayerischer Urigkeit“ nachkommen – dem wird bei so exotischen Speisen lieber auch gleich die Allergiker-Speisekarte mitgeliefert.
Auch die bayerische Tracht scheint in Düsseldorf angekommen zu sein. So hängen auch hier jedes Jahr zur Oktoberfestzeit überall Dirndl und Lederhosen in den Schaufenstern. Und auch während des Karnevals sieht man den ein oder anderen Trachtler in der verkleideten Menge. Doch bayerische Tracht als Verkleidung? Da wird man als echte Bayerin schon eher ein bisschen grantig (also: wütend).
Als Fußball-Fan hat man es da vielleicht schon etwas leichter „Dahoam“-Anschluss zu finden. Denn auch in Düsseldorf ist der FC Bayern mit zwei offiziell anerkannten Fanclubs vertreten. Und die verstehen, als oft so verhasste Erfolgsfans, zumindest die Außenseiterrolle, die man als Bayer im Rheinland vielleicht manchmal hat. „Den FC Bayern liebt man oder hasst man“, sagt René Zierenberg, Vorstand einer der beiden Fanclubs. Das geht aber leider nicht nur den Rheinländern so. Daher ist auch nicht jedem Bayern im Exil mit so einer Mitgliedschaft geholfen.
Bleibt noch eine Möglichkeit, echtes Bayerngefühl in Düsseldorf zu finden: Sich Rat beim Experten holen. „Ich bin kein Exil-Bayer. Ich leite das bayerische Konsulat in Düsseldorf“, sagt DEG-Legende Walter Köberle. Er lebt schon seit 44 Jahren hier und fühlt sich ziemlich wohl. Außerdem gebe es durchaus Parallelen zwischen dem Rheinländer und dem Bayern, sagt er: Die bayerische Tracht und die hiesige Schützentradition, der lebensfrohe Rheinländer und der lustige Bayer und natürlich die „Bierbegegnungsstätte“ in der Altstadt.
Und setzt man sich dann einmal unter dem, doch hin und wieder mal, weiß-blauen Himmel an den Rhein und genießt ein kühles Alt mit Freunden, merkt man schnell: Ein richtiges „Dahoam“-Gefühl findet man nicht nur da, wo es Brezen, bayerisches Bier und authentische Trachtler gibt, sondern eben doch da, wo das Herz ist.
Quelle: http://www.wz.de/lokales/duesseldorf/auf-der-suche-nach-einem-kleinen-bisschen-dahoam-1.2028326